Digitale Infoveranstaltung zu Outlet-Planungen für Bad Lippspringe

Die Bürger und Bürgerinnen der Stadt sowie alle Interessierten waren am 02.03.21 zu einer digitalen Informationsveranstaltung unter der Moderation von Manfred Müller eingeladen. Dort informierten Bürgermeister Lange, Silvia Schubert, Ratsfrau der CDU und Ideengeberin, sowie Dr. Joachim Witt, Gründer und Chef der ecostra GmbH (Analysen und Strategien für Märkte und Standorte in Europa) zum Stand der Planungen bezgl. eines möglichen City Outlet Centers in Bad Lippspringe.

In seiner Begrüßung machte Bürgermeister Lange darauf aufmerksam, dass es keine politische Entscheidung gegen den Willen der Bürger*innen geben werde, was dieses Projekt beträfe, sondern dass von Anfang an auf Transparenz und Mitnahme hingearbeitet werde.  Ebenso ließ er deutlich werden, dass er selber zu 100% hinter dem von seinem Vorgänger ins Rollen gebrachte Projekt stünde, weil, wie er betonte, Bad Lippspringe zwar in vielen Punkten überzeugen könne, es aber auch den großen Minuspunkt „Aufstellung der Innenstadt“ gäbe.

Dr. Joachim Will stellte im Anschluss die Ergebnisse des Gutachtens in Bezug auf Marktchancen eines City Outlet Centers vor.  Zunächst betonte er, dass es natürlich Chancen für ein solches in BL gäbe, ansonsten würde er heute Abend hier nicht stehen. Er erläuterte dann den Unterschied zwischen den Marktmodellen „City Outlet Center“ und „Outlet auf der grünen Wiese”. Diese – wie z.B Roermond –  müssen über wesentlich mehr Ladenfläche verfügen, können große Modelabels anbieten und würden dementsprechend eine ganz andere Flächenproduktivität erwirtschaften. Im Gegensatz dazu würde in City Outlets wie z. B Bad Münstereifel ganz normal gewohnt und gelebt, es gäbe den ursprünglichen Handel, Gastronomie und Hotellerie, es blieben die öffentlichen Räume und Straßen bestehen. Hinzu kämen dann die Outlet stores, die durch die bekannten rechteckigen Outletschilder erkennbar wären und den Leerstand schließen bzw. das Gesamtangebot erweitern würden. Diese würden allerdings weniger die weltbekannten Marken beherbergen, sondern eher regionale Anbieter*innen. Wichtig wäre allerdings eine gewisse Ladendichte, die in Bad Lippspringe im Bereich Arminiusstraße, Marktstraße erkennbar werden müsste als Outletcharakter. Maßgeblich wäre eine Mindestfläche von ca. 9000 m2 Ladenfläche. Mit einer solchen könne bei Vollvermietung wie in Bad Münstereifel ein Jahresumsatzvolumen von 32 Millionen Euro erzielt werden. Das sei natürlich weniger als beim Outlet auf der Wiese, aber deutlich mehr als üblicherweise im Textilhandel erzielt werde.

Und an dieser Stelle sei auch der Knackpunkt für Bad Lippspringe zu sehen. Neben den bisher nicht ausreichend vorhandenen Parkflächen wären die bisher einzurechnenden Verkaufsflächen viel zu gering.

Hier die Bedingungen zu erfüllen, sei Voraussetzung für eine realistische Planung.

Der Wermutstropfen, dass Bad Lippspringe nicht – wie Bad Münstereifel -mit einem historischen Innenstadtcharme aufwarten könne (der in den Wiesen-Outlets mithilfe architektonischer Attrappen nachgeahmt wird), würde nach seiner Meinung gemildert dadurch, dass man der Stadt anmerken würde, dass sie durch die LGS deutlich aufgewertet, und die öffentlichen Räume ansprechend in Stand gesetzt worden seien.  Wichtige Punkte wie Barrierefreiheit und fehlender Denkmalschutz wären eindeutig auf der Habenseite anzusiedeln. Ebenso seien ein deutlicher Standortvorteil innerhalb Deutschlands sowie viele touristische Anziehungspunkte der näheren Umgebung (Domstadt Paderborn, Teuto mit Hermann und Externsteinen, Westfalentherme sowie Gartenschau in Bad Lippspringe etc.)  deutliche Pluspunkte. Auch die Begrenzung der Outletmeile an den jeweiligen Enden durch Parks hätte großen Aufforderungscharakter.

Insgesamt räumte er dem Projekt gute Chancen ein, verschwieg aber auch nicht, dass schon 200 ähnliche Projektplanungen, unter anderem in italienischen Kleinstädten oder auch ganz in der Nähe, in Rietberg, aus unterschiedlichen Gründen nicht zustande gekommen seien.

Ein Selbstläufer sei ein solches Projekt in keinem Fall, und es bedürfe der gemeinsamen Anstrengung aller, es erfolgreich in die Tat umzusetzen.

Diesem Fazit schloss sich dann auch die von Silvia Schubert interviewte Bürgermeisterin von Bad Münstereifel an. Sie betonte die hervorragende Entwicklung des Kleinstädtchens seit der Eröffnung 2014. Mit 2,5 Millionen Tagesbesuchern jährlich sei die vormals völlig verödete Stadt wiederbelebt und grundsaniert worden. Ein Mix aus verschiedenen Marken und inhabergeführten Geschäften bestimme das Bild, das von einem dezenten corporate Design geprägt sei und alles andere als ein „Billigimage“ biete.

Mit der Beantwortung vieler Fragen, die über den Chat gestellt werden konnten, wurden die interessierten Zuschauer*innen an diesem Abend mit ins Boot genommen. Nicht alles konnte zu diesem Zeitpunkt schon beantwortet werden, da viele Fragen perspektivisch vom tatsächlichen Existieren eines solchen Projektes hergestellt wurden.

Andere wiederum, wie die nach Einbeziehung der Fragen zur Nachhaltigkeit bzw. klimapolitischer Vorüberlegungen bzgl. motorisierter Besucher- und Lieferverkehrsströme wurden seitens des Gutachters mit der Hoffnung auf den Mobilitätswandel der Zukunft und dem Hinweis, dass die Sanierung und Erhaltung von Kleinstädten durch solche Strukturmaßnahmen auch eine Form von Nachhaltigkeit darstellten, beantwortet.

In einem geschickten Schachzug nahm an dieser Stelle Bürgermeister Lange die Gelegenheit wahr, den mit dieser Amtszeit eingerichteten Klimaschutzausschuss, der „sehr kompetent besetzt sei“, in die Waagschale zu werfen. Dieser Ausschuss würde wünschenswerter Weise ein solches Projekt natürlich von Anfang an mitbegleiten müssen.

Somit endete der Abend, wie er begonnen hatte: mit versöhnlichen Tönen und dem Signal an alle Beteiligten, dass es sich bei dem Wunsch, Bad Lippspringe zu einem City Outlet Center zu machen, nicht um die Ausschlachtung der eigenen politischen Positionen und um Selbstdarstellung ginge, sondern schlicht und einfach um den ehrlichen Wunsch, die Stadt gemeinsam ein Stück voranzubringen und vor einer wirtschaftlichen Totalverödung zu bewahren.

Jeder und jede möge sich selbst ein Bild machen und alle seien herzlich eingeladen, am Diskussions- und Entwicklungsprozess der Zukunft teilzuhaben!

Cordula Reuter

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