Ablehnung des Haushaltsentwurfs 23

Die Grüne Fraktion hat in der Ratssitzung vom 6. Februar den Haushaltsplanentwurf von Bürgermeister und Verwaltung abgelehnt. Zu hoch erscheint die Verschuldung, zu hoch die geplanten Investitionen. Zu sehr rückt das Damoklesschwert der Haushaltssicherung durch diese Planungen in die Nähe.

Da auch die Fraktionen von FWG, SPD und Die Linke dieser Ansicht waren, wurde der Plan insgesamt abgelehnt.

Änderungsvorschläge, Ausgaben zu reduzieren und Einnahmen zu steigern, fanden keine Mehrheit.

Damit steigen wir nun erneut in die Beratungen ein.

Die Haushaltsrede der Fraktionsvorsitzenden Gerda Werth können Sie hier nachlesen:

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren,

wir sind heute Abend zusammengekommen, um über den Haushaltsentwurf für das Jahr 2023 zu beschließen. Zu allererst einmal möchte ich mich daher beim Kämmerer Till Kremeyer und seinem gesamten Team bedanken, die wie immer mit erheblichem Aufwand ein umfangreiches Zahlenwerk zusammengestellt haben. Diese Arbeit wissen wir sehr zu schätzen, danke dafür.

Nachdem wir in den letzten Jahren wegen der Corona-Pandemie unsere Reden nur schriftlich einreichen konnten, können wir dieses Jahr endlich wieder vor Publikum sprechen. Das ist schon etwas Besonderes. Aber dies ist nicht die einzige Besonderheit. Besonders ist auch, dass der Kämmerer bei Einbringung des Haushaltsplans gleich als Erstes anbrachte, „dass die Stadt Bad Lippspringe mit diesem Haushaltsplan bis an die Grenzen der finanziellen Belastbarkeit gehen muss“. Das geplante Jahresergebnis beläuft sich nämlich auf ein Defizit von 3,74 Mio Euro. Ohne die aufgrund von Corona und Ukraine-Krieg erfolgten Isolierungen hätte der Fehlbetrag sogar 6,36 Mio Euro betragen.

Ich komme zur nächsten Besonderheit. Üblicherweise formulieren die Fraktionen ihre Änderungsanträge zum vorgestellten Plan. Von der CDU kam allerdings nichts. Stattdessen ist in der Zeitung zu lesen, dass die Christdemokraten CDU-Bürgermeister Ulrich Lange mit seinem Haushaltsentwurf unterstützen. Dessen Leuchtturmprojekte werden vorgestellt, wie der lang erwartete Neubau des Feuerwehrgerätehauses oder der Neubau des Freibades. Offensichtlich alles CDU-Projekte, so liest es sich wenigstens. Wahrscheinlich ist es in Vergessenheit geraten, aber es war ein gemeinsamer Antrag von SPD und Grünen im Jahr 2010, der die Verwaltung beauftragte, unter Mitwirkung der Wehrführung den neuen Standort für das Feuerwehrgerätehaus festzulegen (Ratssitzung vom 16. April 2010, einstimmig angenommen). Ebenso wurde dem Kauf der Fläche für das Feuerwehrgerätehaus am 3.08.2015 einstimmig zugestimmt, sowie der Vergabe der Planungen am 19.09.2018. Wir alle gemeinsam haben, auch wenn es länger dauerte, als geplant, dieses Projekt mitgetragen. Genauso verhält es sich beim Freibad. Beides in keinster Weise CDU-Projekte.

Kommen wir zur nächsten Besonderheit. In der Hauptausschussitzung am letzten Montag wurden neue Zahlen präsentiert: Zunächst die Ergebnisrechnung für das Jahr 2021. Geplant wurde mit einem negativen Jahresergebnis von 1 Mio Euro. Erzielt wurde ein Überschuss von 6,2 Mio Euro – ein Delta von 7,2 Mio Euro. Als ob dies allein nicht schon ganz schwindelig machen würde, wurde gleichzeitig in der Änderungsliste der Verwaltung eine Ausgabe in Höhe von 5 Mio Euro für den Ankauf von Flächen für die Erweiterung des Gewerbegebiets hinzugefügt. Das Ganze soll über Kredite finanziert werden. Was meinen Kollegen Markus Wille von der FWG zu der Äußerung verleitete: Das sind ja ganz neue Zahlen. Eigentlich müssten wir völlig neu in die Beratungen einsteigen. Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen.

Als letzte Besonderheit haben sich die Fraktionen in den Beratungen des Hauptausschusses nicht, so wie es immer üblich war, dazu geäußert, wie sie zu den Änderungsvorschlägen der Verwaltung und der Fraktionen stehen. So dürfen wir alle gespannt sein, wie es heute Abend ausgeht.

Nun zu einigen inhaltlichen Aspekten:

Wir möchten, dass sowohl das Freibad als auch das Feuerwehrgerätehaus neu gebaut werden. Allerdings beruhen die dafür eingestellten Kosten auf Planzahlen, die vermutlich nicht mehr aktuell sind. Preissteigerungen, die in allen Bereichen des Bausektors zu verzeichnen sind, wurden nicht berücksichtigt. Wir befürchten daher, dass sich die Haushaltslage noch schlechter darstellt, als im vorliegenden Zahlenwerk.

Daher haben wir auch die Erhöhung der Gewerbesteuer von 410 v. H. auf 416 v. H. beantragt, womit sie dem fiktiven Hebesatz des Landes NRW entspräche. Wir halten die Anhebung zum einen für moderat und sind zum anderen der Meinung, dass wir es uns finanziell überhaupt nicht leisten können, darauf zu verzichten. Wenn die CDU per Presse verlauten lässt, dass man den Bürgerinnen und Bürgern keine Steuererhöhungen zumuten könne, so sagen wir, dass wir unseren nachfolgenden Generationen keine derartigen Schuldenberge zumuten können.

Die FWG hat beantragt, die Gelder für die intelligenten nachhaltigen Mobilitätsbrücken zu streichen. Wir haben uns mit der Diskussion darüber schwergetan, weil wir durchaus den innovativen Ansatz schätzen. Und uns nicht auf den Standpunkt zurückziehen, dass Bad Lippspringe kein Verkehrsproblem hat. Aber klar ist, dass das zu entwickelnde „intelligente Planungswerkzeug“ keine umsetzbaren Ergebnisse in den nächsten 1-5 Jahren liefern wird. D.h. es wird sich beim Thema Mobilität kurzfristig nichts verbessern.  Um früher Verbesserungen beim Thema Mobilität zu erreichen, müssten zusätzlich zu diesem Vorhaben, weitere kurzfristig umsetzbare Maßnahmen entwickelt werden. Das ist aber nicht angedacht.  Generell stellt sich die Frage, ob die Entwicklung eines solchen Planungswerkzeugs Aufgabe der Stadt ist oder eher auf übergeordneter Ebene erfolgen sollte. Und schließlich: in der Beschreibung des HH-Plans liest sich der Mobilitätshafen, der im Mittelpunkt der intelligenten Mobilitätsbrücken steht, eher wie ein begrünter Parkplatz („ganzheitliche Lösung mit Parkflächen, Ladeinfrastruktur und Grünbereichen“). Wie die Menschen zu diesem Mobilitätshafen kommen (wahrscheinlich mit dem Auto, an den ÖPNV ist er jedenfalls nicht angeschlossen), steht nicht im Fokus. Daher werden wir den Antrag der FWG auf Streichung unterstützen.

Für den Ankauf von Gewerbegebieten stehen nun insgesamt mehr als 10 Mio Euro im HH-Plan. Das ist uns deutlich zu viel für ein einziges Jahr. Daher werden wir die zusätzliche Einstellung von 5 Mio Euro ablehnen.

Für die blaue Burg haben wir einen Sperrvermerk beantragt. Einerseits soll das Projekt als Werbung für schonenden Umgang mit Wasser verstanden werden, andererseits werden enorme Mengen an Wasser für das Projekt verschmutzt und verbraucht (Stichwort: Abwaschen der Farbe). Und schließlich verstehen wir die Art der Kommunikation nicht. An einem Tag wird das Projekt im nichtöffentlichen Teil einer Ratssitzung vorgestellt, am nächsten Tag steht es als beschlossenes Projekt in der Tageszeitung. Da kommt man sich doch ein bisschen veralbert vor. Überhaupt gibt es für unseren Geschmack deutlich zu viele Tagesordnungspunkte, die nichtöffentlich beraten werden.

Wie schon im letzten Jahr beantragen wir, dass es Ziel der Stadt Bad Lippspringe ist, dass Verwaltung, Eigenbetrieb Abwasserwerk und die kommunalen Gesellschaften, an denen die Stadt mehrheitlich beteiligt ist, bis spätestens 2035 CO-2 neutral werden sollen. Bisher steht in den Zielformulierungen die verwaschene Aussage: „perspektivisch weitestgehend CO2-neutral“. Im letzten Jahr fand unser Antrag keine Mehrheit (13 Ja, 15 Nein, 8 Enthaltungen). Wir sind gespannt, wie es dieses Mal ausgeht.

Womit ich beim letzten Punkt ankomme: Klimaschutz und Nachhaltigkeit. Wir bemängeln den im HH-Plan fehlenden Willen zur Nachhaltigkeit. Außer medienwirksamen Statements sehen wir derzeit keine ernstzunehmenden Akzente in Sachen Klimaschutz und Energieeffizienz. Ausnehmen möchten wir explizit die Entsiegelung der Pausenhöfe, die wir als sehr sinnvoll ansehen. Es war ein grüner Antrag aus dem letzten Jahr, der die Verwaltung zum Bauen im energetisch bestmöglichen Standard verpflichtet hat. Nachhaltigkeit bedeutet aber auch, dass man die Entwicklung der Schulden in den Griff bekommt. Ansonsten haben wir und unsere nachfolgenden Generationen in Zukunft keinen Handlungsspielraum mehr.

Ich hatte eingangs erwähnt, dass ich nicht abschätzen kann, wie über die einzelnen Änderungsanträge heute Abend abgestimmt werden wird. Daher kann ich jetzt auch noch nicht sagen, ob wir dem HH-Plan-Entwurf zustimmen werden, oder nicht, wobei es eine deutliche Tendenz zur Ablehnung gibt. Und daher möchte ich auch jetzt schon beantragen, dass die Sitzung, nachdem über die Positionen der Änderungsliste abgestimmt wurde, für eine Beratungspause von 5 Minuten unterbrochen wird.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

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